Pentagramm: ganzheitliche Betrachtung von emotionalen Herausforderungen
Das Pentagramm
Hilfreiche Fragen stellen
Ursprünglich entwickelte und nutzte ich das Pentagramm in meiner Funktion als Dozent für tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. In der Einzel- oder Gruppensupervision unterstütze ich weniger erfahrene oder noch in der Ausbildung befindliche Kollegen dabei, ihre Patienten nach den Regeln der therapeutischen Kunst zu behandeln. Supervisionsbedarf entsteht generell immer dann, wenn ein Therapeut bei der Behandlung eines Patienten an seine Grenzen stößt und sich zum Beispiel unsicher, überfordert, hilflos oder emotional belastet fühlt.
Eine Besonderheit der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie besteht darin, dass eine starke emotionale Reaktion des Therapeuten auf einen Patienten in der Regel nicht als Störung der Behandlung, sondern als große Chance verstanden wird, etwas Wichtiges von dem Patienten zu verstehen. Der Körper und die Seele des Therapeuten sind gewissermaßen ein Seismograf für verborgene Informationen, die für die Krankheit des Patienten eine wichtige Rolle spielen. Bei der emotionalen Reaktion der Therapeuten lassen sich fünf bedeutsame Aspekte unterscheiden:
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| Pentagramm - Orientierungshilfe für Supervision, Selbstmanagement und Gruppenprozesse |
Worum geht es?
Die fünf Aspekte sind nicht nur
wissenschaftlich gut begründbar, sondern haben sich vor allem ganz praktisch in meiner jahrzehntelangen Supervisionstätigkeit bewährt. Sie können auch Nichttherapeuten im
Alltag wertvolle Dienste leisten. Die folgenden Fragen sollen deutlich machen,
worum es im Einzelnen geht:
1. Körper/Sinne:
Wie geht es mir gerade? Wie fühle ich mich?
Welche Körperreaktionen und Emotionen lösen ein Anderer oder eine Situation bei mir aus (aktuell oder immer wieder)?
Wo im Körper spüre ich meine Emotionen (zum Beispiel Ärger als Stein im Bauch, Traurigkeit als Schwere im ganzen Körper, innere Anspannung als Kopfschmerzen, Angst als Kloßgefühl im Hals)?
Wie geht es mir gerade? Wie fühle ich mich?
Welche Körperreaktionen und Emotionen lösen ein Anderer oder eine Situation bei mir aus (aktuell oder immer wieder)?
Wo im Körper spüre ich meine Emotionen (zum Beispiel Ärger als Stein im Bauch, Traurigkeit als Schwere im ganzen Körper, innere Anspannung als Kopfschmerzen, Angst als Kloßgefühl im Hals)?
2. Befürchtungen:
Was ist meine größte Sorge?
Was kann (mir) schlimmstenfalls passieren (augenblicklich oder in Zukunft; in Bezug auf den Anderen oder die Situation; zum Beispiel Scheitern, Verlust eines geliebten Menschen, schlecht dastehen, finanzielle Nachteile)?
Was ist, wenn genau das eintritt?
Was ist meine größte Sorge?
Was kann (mir) schlimmstenfalls passieren (augenblicklich oder in Zukunft; in Bezug auf den Anderen oder die Situation; zum Beispiel Scheitern, Verlust eines geliebten Menschen, schlecht dastehen, finanzielle Nachteile)?
Was ist, wenn genau das eintritt?
3. Denken/Kognition:
Was denke ich über den Anderen oder die Situation (zum Beispiel gefährlich, liebenswert, wichtig)?
Was sagt der gesunde Menschenverstand/Hausverstand?
Welche Glaubenssätze habe ich? Sind diese Glaubenssätze hilfreich?
Wie wirkt sich die Situation auf meine Denkfunktionen aus (zum Beispiel Ratlosigkeit, Verwirrung)?
Was denke ich über den Anderen oder die Situation (zum Beispiel gefährlich, liebenswert, wichtig)?
Was sagt der gesunde Menschenverstand/Hausverstand?
Welche Glaubenssätze habe ich? Sind diese Glaubenssätze hilfreich?
Wie wirkt sich die Situation auf meine Denkfunktionen aus (zum Beispiel Ratlosigkeit, Verwirrung)?
4. Erfahrung:
Woher kenne ich das (diese Situation, diese Emotionen, diese Ängste, diese Symptome, diese Gedanken und Glaubenssätze)?
Woran erinnert mich die Situation beziehungsweise ein Anderer (zum Beispiel an einen früheren Chef, der mich ausgenutzt hat)?
Wo und wann habe ich diese Art zu reagieren, zu fühlen oder zu denken, gelernt?
Habe ich das Problem mit anderen Patienten oder anderen Menschen in meinem privaten Umfeld auch (selbstkritische Redlichkeitsfrage)?
Woher kenne ich das (diese Situation, diese Emotionen, diese Ängste, diese Symptome, diese Gedanken und Glaubenssätze)?
Woran erinnert mich die Situation beziehungsweise ein Anderer (zum Beispiel an einen früheren Chef, der mich ausgenutzt hat)?
Wo und wann habe ich diese Art zu reagieren, zu fühlen oder zu denken, gelernt?
Habe ich das Problem mit anderen Patienten oder anderen Menschen in meinem privaten Umfeld auch (selbstkritische Redlichkeitsfrage)?
5. Wünsche:
Wonach sehne ich mich?
Was brauche ich gerade (z.B. mit meiner Angst, Wut, Traurigkeit, Verzweiflung, Unsicherheit)?
Was wäre im Augenblick oder in Zukunft das Schönste oder Beste, was (mir) passieren kann?
Was wünsche ich mir vom Anderen (zum Beispiel er soll mich anerkennen)?
Was wünsche ich mir für den Anderen (zum Beispiel, dass er sich endlich von seinem gewalttätigen Partner trennt)?
Wonach sehne ich mich?
Was brauche ich gerade (z.B. mit meiner Angst, Wut, Traurigkeit, Verzweiflung, Unsicherheit)?
Was wäre im Augenblick oder in Zukunft das Schönste oder Beste, was (mir) passieren kann?
Was wünsche ich mir vom Anderen (zum Beispiel er soll mich anerkennen)?
Was wünsche ich mir für den Anderen (zum Beispiel, dass er sich endlich von seinem gewalttätigen Partner trennt)?
Persönliche Erfahrungen mit dem Pentagramm im Alltagsleben
Meine Partnerin und ich
nutzen das Pentagramm, um uns in Problemsituationen zu orientieren und
gegenseitig zu unterstützen. Ein Beispiel: Ich fühlte mich vor einigen Jahren
durch meine Firma sehr belastet. Ich schlief schlecht und fühlte mich häufig
erschöpft. Auch mit meiner Partnerin war ich unzufrieden, weil ich mich von ihr
nicht ausreichend unterstützt fühlte. Ich war ratlos, wie es in dieser
Situation weitergehen sollte. Um mich zu sortieren, „machte ich mein
Pentagramm“:
19. Mai 2016
Wiesbaden
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Sorgen
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Erfahrung
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Denken
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Ich besprach mein Pentagramm mit meiner Partnerin, C. Sie hatte anfangs wenig Lust, mir in meiner Firma beizustehen. Wie sollte sie mir da auch helfen? Als Mitarbeiterin in meiner Firma eignete sie sich nicht, darin waren wir uns einig. C.s erster Impuls war, sich mit Händen und Füßen gegen meine Erwartungen zu wehren. Ich bat C., so gut es ging eine „objektive“ Rolle einzunehmen und mir Verständnisfragen zu meinem Pentagramm zu stellen. C. war einverstanden. Es schien ihr nicht schwer, einfach nur die Fragen zu den oben genannten fünf Aspekten zu stellen.
C. fragte: Was würde sich für dich verbessern, wenn ich zuverlässig an deiner Seite wäre? Ich: Ich möchte, dass du meine Klarheitsministerin bist. Das gefiel C. als Aufgabe. Das war eine Erwartung, die sie für wichtig hielt und die sie gerne erfüllen würde. Auch die anderen Fragen von C. halfen mir, mein Pentagramm noch besser auf den Punkt zu bringen. Vor allem wurde mir durch C.s Fragen deutlich, wie sehr ich mich danach sehnte, mit meiner Verantwortung nicht mehr so allein zu sein. Nach C.s Fragen hatte sich mein Pentagramm wie folgt verändert:
20. Mai 2016
Wiesbaden
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Wünsche
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Sorgen
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Erfahrung
Alle Situationen, die mich früher an meine Grenzen gebracht
haben, habe ich mit meinem Durchhaltevermögen am Ende gut gemeistert. Am Ende
wurde alles gut.
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Denken
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Der nächste Schritt ist, dass derjenige, der
sich bisher auf die Aufgabe beschränkt hat, zuzuhören und Fragen zu stellen, nun
mitteilt, wie es ihm in Bezug auf das, was er gehört hat, geht. Er kann jetzt
sein eigenes Pentagramm beschreiben. Während mir C. zugehört hatte, hatte ihr
Körper mehrfach reagiert; Gefühle, Ärger und Ängste kamen hoch; Gedanken gingen
ihr durch den Kopf. Obwohl sie wusste, dass sie im Anschluss an ihre Fragen zu meinem
Pentagramm selbst Gelegenheit haben würde, über ihre Gefühle und Gedanken zu
sprechen, war es ihr nicht leicht gefallen, mich ausreden zu lassen und mich nicht
zu unterbrechen. Jetzt endlich konnte auch sie loswerden, was sie bewegte: vor
allem, dass sie zeitweise einen Kloß im Hals verspürte und sich unter Druck
fühlte. Das Pentagramm half ihr zu sehen, welche Ängste, Wünsche, Denkinhalte
und Erfahrungen mit ihrem Körpergefühl im Zusammenhang standen.
Meine langjährige Erfahrung mit dem Pentagramm ist, dass die Reaktion anderer auf das eigene Pentagramm vieles ans Licht bringt, was bislang im Dunkel des Unbewussten oder Vorbewussten verborgen war. Deshalb hörte ich C. sehr interessiert zu. C.s emotionale Reaktion und ihr Pentagramm würden mir nicht nur noch mehr von C.s Wesen offenbaren, sondern auch mir meine eigenen unbewussten Anteile spiegeln.
Meine langjährige Erfahrung mit dem Pentagramm ist, dass die Reaktion anderer auf das eigene Pentagramm vieles ans Licht bringt, was bislang im Dunkel des Unbewussten oder Vorbewussten verborgen war. Deshalb hörte ich C. sehr interessiert zu. C.s emotionale Reaktion und ihr Pentagramm würden mir nicht nur noch mehr von C.s Wesen offenbaren, sondern auch mir meine eigenen unbewussten Anteile spiegeln.
Als psychotherapeutischer Lehrer arbeite ich
gerne mit Gruppen. Mit Hilfe von C. wurde mir aber klar, dass ich zu lange
versucht hatte, die Schwierigkeiten in meinem Unternehmen gemeinsam mit allen
Mitarbeitern zu beraten und über die Einsicht aller die notwendigen
Veränderungen zu erreichen. Ich sah schließlich ein, dass ich mit dieser
kräftezehrenden Strategie gescheitert war. C. fühlte instinktiv, dass ich nur
durch entschiedenes Durchgreifen die gewünschte Ordnung schaffen würde. Ich entschloss mich, auf C.s Instinkt zu
vertrauen. Ich hörte auf, alles mit meinen Mitarbeitern zu beraten, und machte
stattdessen klare Vorgaben. Schließlich entließ ich - schweren Herzens - sogar Mitarbeiter. Nach
einigen turbulenten Monaten waren die Probleme gelöst. C. war in dieser Zeit
nicht von meiner Seite gewichen, was sie mitunter selbst an den Rand ihrer
Belastbarkeit brachte. Am Ende konnten wir aber gemeinsam aufatmen.
Das Pentagramm eignet sich auch sehr gut für Konflikte zwischen Partnern. Als ich 2016 mit Schwierigkeiten in meiner Firma konfrontiert war, wurde auch die Beziehung zwischen C. und mir belastet. In dieser Zeit gewöhnten wir uns an, unsere Streitigkeiten immer früher zu unterbrechen, unsere Pentagramme aufzuschreiben und nebeneinander zu legen.
Pentagramm in der Paarbeziehung
Das Pentagramm eignet sich auch sehr gut für Konflikte zwischen Partnern. Als ich 2016 mit Schwierigkeiten in meiner Firma konfrontiert war, wurde auch die Beziehung zwischen C. und mir belastet. In dieser Zeit gewöhnten wir uns an, unsere Streitigkeiten immer früher zu unterbrechen, unsere Pentagramme aufzuschreiben und nebeneinander zu legen.
Etwas Erstaunliches passiert dabei: Ein unüberwindbar scheinendes Problem, das gerade noch unsere Gemüter erregt hat, liegt in Form von zwei harmlosen Blättern auf dem Tisch. Wir schauen einander nicht mehr zornig, kampfbereit oder schon verzweifelt an, sondern richten unsere Augen gemeinsam auf zwei weiße Papiere vor uns aus. Wir schauen gewissermaßen von außen auf unser Problem, das schon rein optisch seine Dramatik verloren hat. Dieser gemeinsame Blick auf das Thema heißt auch: „die Metaebene einnehmen“. Wir sitzen uns nicht mehr als Kontrahenten gegenüber und verstricken uns in keine unergiebige Diskussion mehr, sondern sitzen Schulter an Schulter nebeneinander und schauen in die gleiche Richtung. Allein schon dadurch verändert sich die Atmosphäre.
Die Pentagramme geben die subjektiven Wahrheiten von beiden wieder. Ein Pentagramm beansprucht nicht, objektiv richtig oder wahr zu sein. Dadurch wird alles entspannter. C. und ich müssen nicht mehr streiten. Vielmehr überlegen wir gemeinsam, wie das Problem, das da vor uns auf dem Tisch liegt – fast als sei es das Problem von zwei anderen – lösen können. Die Lösung fand sich rasch: C. war von nun an einfach dabei, wenn ich wichtige Mitarbeitergespräche führte.
C.s Aufgabe beschränkte sich darauf, darauf zu achten, wie klar ich mich gegenüber meinen Mitarbeitern ausdrückte. Ich empfand C.s pure Präsenz schon als ausgesprochen entlastend. Ich fühlte mich sicherer und entspannter, wenn sie an meiner Seite war. Allein dadurch, dass sie da war, achtete ich auf die Klarheit meiner Botschaften an meine Mitarbeiter so gut, dass C. nach den Gesprächen fast nichts zu beanstanden hatte. Mit C.s Unterstützung gelang es mir binnen eines Jahres, meine Firma so weit umzustrukturieren, dass ich heute frei bin, meine Herzensprojekte, die auch C. am Herzen liegen, zu verfolgen.




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